Bewaffnete Drohnen – eine heikle Frage

Braucht die Bundeswehr bewaffnete Drohnen? Innerhalb der Unionsparteien scheint Einigkeit zu herrschen, in der SPD allerdings gehen die Meinungen auseinander. Die Debatte läuft bereits seit Jahren, aber man möchte sich noch Zeit lassen, die ethischen und verfassungsrechtlichen Fragen mit einer möglichst breiten Öffentlichkeit zu diskutieren. Vor einer moralisch so umstrittenen Entscheidung ist das auch nötig.

Ein Kommentar von Felix Wilsberg, stellv. Vorsitzender der Jusos RD-ECK.

 

Bereits seit Jahrzehnten setzt die Bundeswehr unbemannte Luftfahrzeuge ein, bisher zur Spionage und Überwachung. Die Frage, ob sie bewaffnet werden sollen, wird nicht erst seit gestern diskutiert. CDU-Verteidigungsminister:innen sprechen sich seit Jahren dafür aus.

Bewaffnete Drohnen können, ferngesteuert von einer Basis in sicherer Entfernung, Kampfeinsätze fliegen. In den letzten beiden Koalitionsverträgen mit der SPD wurde festgehalten, erst nach „ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung“ in der Sache entscheiden zu wollen. Medial präsent ist das Thema nun, seit die sozialdemokratische Bundestagsfraktion Mitte Dezember verlautbarte, diese Würdigung habe weiterhin nicht hinreichend stattgefunden.

Warum ist das Thema so heikel?

Um das zu beantworten, müssen wir uns eine Sache klar machen: Es geht hier nicht um eine abstrakte politische Entscheidung, sondern um Krieg.

Die gängige Argumentation für bewaffnete Drohnen lautet: „Ihr Einsatz bedeutet einen besseren Schutz für unsere Soldatinnen und Soldaten.“ Und selbstverständlich möchten (fast) alle die eigenen Streitkräfte bestmöglich schützen. Denkt man diese Argumentation jedoch konsequent zu Ende, sähe der Satz folgendermaßen aus: „Ihr Einsatz bedeutet einen besseren Schutz für unsere Soldatinnen und Soldaten, da sie nun den Feind aus tausenden Kilometern Entfernung per Fernsteuerung erschießen können, ohne sich selber in Gefahr zu begeben.“

Mittlerweile ist bekannt, dass dadurch die Hemmschwelle sinkt, einen Menschen zu töten. Harte Kritiker:innen ziehen gar Vergleiche zu Computerspielen. Zurecht entstanden hitzige Debatten, als bekannt wurde, dass amerikanische Einheiten mittels bewaffneter Drohnen im nahen Osten ohne rechtsstaatlichen Prozess sogenannte Todeslisten „abarbeiteten“.

Droht ein neues Wettrüsten?

In der Neuzeit, vor allem seit Beginn der Moderne werden immer mehr militärische Konflikte durch technische Vorteile entschieden. Drohnen, insbesondere wenn sie bewaffnet sind, stellen einen erheblichen Vorteil dar. Auslandseinsätze lassen sich der Bevölkerung deutlich einfacher schmackhaft machen, wenn weniger eigene Streitkräfte in direkte Gefahr gebracht werden.

Die Weltgemeinschaft hat sich aber auch immer wieder Regeln gegeben, wenn sie Waffensysteme ethisch für nicht mehr vertretbar hielt. So sind etwa chemische oder biologische Waffen heute international geächtet. Im Fall bewaffneter Drohnen sollte darüber ernsthaft nachgedacht werden. Andernfalls könnte ein globales Wettrüsten drohen: Welcher Staat möchte eine Schlacht im Zweifelsfall nicht entscheiden können, ohne eigene Verluste zu riskieren?

Braucht die Bundeswehr bewaffnete Drohnen?

Realistisch betrachtet ist eine internationale Ächtung dieses Waffensystems derzeit nicht in Sicht. Um sicherheitspolitisch auf der Höhe zu bleiben, muss man sich also mit der Thematik beschäftigen. Das tut die deutsche Öffentlichkeit und die Politik sehr ausgiebig und das ist auch gut so. Solch moralische Entscheidungen sollten nicht in Koalitionszwängen getroffen werden, daher fährt die SPD gut damit, sich aktuell nicht festzulegen.

Es ist also frühestens in der kommenden Legislaturperiode mit Klarheit zu rechnen. Bis dahin haben die Verantwortlichen Zeit, ein anderes Problem der Bundeswehr zu lösen: Die gravierenden Mängel in der Ausstattung. In den letzten Jahren häuften sich Berichte über Hubschrauber, die nicht fliegen und Gewehre, die nicht schießen. Seit 2005 ist das zuständige Verteidigungsministerium in der Hand von CDU/CSU.

In Anbetracht dieser katastrophalen Ausrüstungssituation ist es geradezu scheinheilig, wenn die gleichen Akteure nun die Beschaffung eines neuen umstrittenen Waffentyps fordern und das mit dem Wohl der Soldat:innen begründen.

 

Der Autor:

Felix Wilsberg